Richtig Beten

Quelle: "GEJ 3, Kapitel 123 ", Lorber Verlag Bietigheim

Gespräch zwischen Mathael und Jarah
Mathael: von Jesus geheilter Strassenräuber, späterer Vizekönig
Jarah: jüngste Tochter des Herbergswirtes Ebahl
[1] Sagt Mathael: „O du kleine Jarah du! Schau, diese Weisheit hätte ich in deinem Fleische, beim Himmel, nicht gesucht! Schon recht also, meine liebste Genezaretherin; aber nun möchte ich von dir erfahren, wie du eigentlich betest!“

[2] Sagt Jarah: „Ich versetze mich mit allen meinen Gedanken und Gefühlen in die tiefste Tiefe meines Herzens, worin die Liebe zu Gott zu Hause ist. Dadurch bekommt diese heilige Liebe ebenalso Nahrung, als wenn du auf eine stille Glut, die nicht mehr flammt, gutes, dürres und sehr leicht brennbares Holz legst.

[3] Das Holz wird die stille Glut gar bald dahin erwecken, daß sie über sich ganz kleine Flämmchen wird zu treiben anfangen; diese Flämmchen werden dann alsbald das Holz ergreifen, und darauf wird das Ganze in die hellsten Flammen übergehen, und es wird dann überlicht und vollends lebenswarm werden im Herzen. Dann erst spricht der dadurch erweckte gottähnliche Geist im Herzen:

[4] ,O Du mein heiliger Vater in den Himmeln! Dein Name werde geheiligt! Zu uns armen tot- und nachtvollen Sündern komme Deine Vaterliebe! Dein allein heiliger Wille geschehe hier auf dieser Deiner Erde wie in allen Deinen Himmeln! Haben wir gesündigt wider Deine ewige, heilige Ordnung, so vergib uns solche Torheit und habe Geduld und Nachsicht mit uns, wie auch wir mit denen Geduld und Nachsicht haben, die sich gegen uns irgend versündigt haben! Laß es ja nicht zu, daß wir in unserer fleischlichen Schwachheit irgend über unsere Kraft von der Welt und vom Teufel versucht werden, sondern erlöse Du uns durch Deine große Gnade, Liebe und Erbarmung von den tausenderlei Übeln, durch die unsere Liebe zu Dir, o heiliger, großer, lieber Vater, getrübt und geschwächt werden könnte! Wenn es uns aber hungert und dürstet, geistig und leiblich, dann gib uns, Du guter, lieber Vater, nach Deinem heiligen Ermessen, was wir täglich vonnöten haben! Dir allein alle meine Liebe, alle Ehre und alles Lob ewig, ewig!‘ –

[5] Sieh, das heiße ich beten, welches Beten aber vor Gott erst offenbar nur dann etwas gilt, wenn zuvor in aller Tiefe des Herzens auf die vorbeschriebene Art und Weise die Liebe zu Gott in die lichten und heißen Flammen übergeschlagen hat durch die Einung aller Gedanken und Gefühle im göttlichen Zentrum des Herzens; fehlt dieser Vorakt (Vorgang), so ist jedes Gebet mit bloßen, noch so schönen Worten vor Gott ein Greuel und wird nicht angesehen und nicht angehört.

[6] Denn Gott in Sich ist ein Geist und muß darum im Geiste der Liebe und im flammenhellsten Lichte der Wahrheit angebetet werden. – Verstehst du nun, was da der vollsten Wahrheit nach Beten heißt nach meinem Sinne und nach meinem Verstande?“ [7] Sagt Mathael: „O du holdseligstes Mädchen! Wer hätte denn in dir je eine solche Weisheitstiefe gesucht!? Wahrlich wahr, da könnte ja ich noch ganz gut dein Jünger sein, und ich schäme mich nicht im geringsten, solches hier vor allen ganz laut und offen zu bekennen! Ja, jetzt begreife ich erst deine unbesiegbare Anhänglichkeit zum Herrn und vice versa (umgekehrt), wie die Römer sagen! Du scheinst auch in kürzester Zeit vom Herrn gleich mir erweckt worden zu sein?!“

[8] Sagt Jarah: „Wer Gott den Herrn über alles liebt, der wird bald und leicht erweckt; wer Ihn aber mit dem Verstande sucht, um Ihn zu lieben, wenn er Ihn mit dem Verstande erst so recht kernfest gefunden hat, der hat sich eine große und sehr vergebliche Arbeit vorgenommen, mit der er nimmer zum erwünschten Ziele auf dieser Welt gelangen wird. Also bist auch du so schnell zum intensivsten Lichte der Gnade aus Gott gelangt; denn im Herzen deiner Seele muß es doch stets sehr flammend hergegangen sein, obschon du deinem Leibe nach auf eine Zeitlang ganz von den argen Geistern der Hölle belagert warst!“

[9] Sagt Mathael: „Ja, göttliches Kind, da dürftest du wohl sehr recht haben! Ich liebte Gott von meiner Kindheit an über alles, darum mich meine Alten denn auch dem Tempeldienste weihen ließen, allwo mein Fleisch erst zu einer wahren Höllenmaschine gemacht ward, aber meine Seele trotzdem blieb, was sie vom Uranbeginn ihres Seins war. Davon aber auch kein Wort mehr weiter; denn ich erinnere mich nicht gerne daran. – ...“