7. Der Engel.
Vorwort,
wozu am 23. Juni 1840 geschah des HErrn Wort
zu Seinem Knechte Jakob Lerber in Graz, also:

Hier will Ich euch ein erhabenes Nebenwort geben, damit ihr sehen sollet die Größe eines Fünkchens Meiner ewigen Liebe, unendliche Stärke, aber auch eure euch so heilsame Nichtigkeit in Allem, was ihr seid, thut, macht, denkt, schreibt und dichtet (und trachtet) aus euch; zugleich aber sollet ihr auch daraus ersehen, was ihr werden könnet durch Mich!

Doch was Ich euch hier sagen werde, sollet ihr vernehmen in einem bescheidenen Liede, nach des Himmels höchster (einfacher) Weise, und werden da auch der Rede erhabenste Formen gestalten den Neubau einer Ueber-Weltgröße, so sollet ihr das nicht - wie bei menschlichen Liedern - für einen poetischen Schwung halten; denn bei Mir gibt es keinen solchen, sondern nur die allerreinste Wahrheit, und Mein Name ist schon für sich der allerhöchste Schwung alles Singens. -
Nun folge das Lied, und das Lied ist "ein Engel", und der geht aus Mir, und bringt euch eine gute und übergroße Botschaft, wie da folget:


An aller Welten Sonnen fernstem großen Morgen stand
Ein großer Engel, streckend seine nackte Riesenhand
In Meiner Weltenschöpfung endlos tiefer Tiefen Mitte,
Und wollte eine Sonne da aus ihrem Leuchtgebiete,
Gleich einem Herzen, kühn aus aller Welten Mitte reißen,
Und sie dann, gleich so einer Nuß, in seinem Mund zerbeißen.

Und dieses thät' er bloß, um zu versuchen seine Kraft,
Die er aus Meiner Liebe sich gar treu verschafft;
Doch dachte er bei sich nach wohlgerathner Engelssitte:
"Was soll ich das versuchen, da ja unter meinem Tritte
Schon mehr als Millionen solcher Sonnentrümmer ruh'n,
Deshalb will ich besinnen mich, und etwas Größ'res thun.

Ich will daher mein Auge wenden hin zum großen Morgen,
Und da für meine Sehe hellsten Glanzes Strahlen borgen,
Um zu erschauen dann aus aller Welten nicht'gem Staube,
Bevor noch wird ein solches Stäubchen kurzer Zeit zum Raube,
Ein Stäubchen, welches einst das Allerhöchste hat getragen,
Deß' Namen wir mit uns'rer Zunge nicht zu sprechen wagen.

Denn will ich Großes sehen, um mich selbsten zu erbauen,
So kann ich ja in meiner großen Brüder Werkstatt schauen,
Wo sie in aller Liebe eine Ruhestätte planen,
Für ausgediente Weltenreste todte Riesenmanen,
Wie auch der "Alle" fernbegrenzte große Hülsengloben,
In denen jeder Milliarden Sonnen sind geschoben.

Auch ist das Messen dieser Räume eine wahre Lust,
Da dann vergrößert wird die kleine Welt in uns'rer Brust;
Was sind sonst tausend solcher Alle meiner Augen Blicken,
Da selbe Milliarden solcher Globen nicht enzücken.
Wohl aber sind die Räume zwischen dieser Hülsen Heeren
Zu messen eine Lust, in ihres Lichtes tiefen Meeren;

Denn wenn man so von einer Hülse hin zur andern mißt,
Und dann, der großen Ferne wegen, seiner selbst vergißt,
Und denkt: Wie klein doch so ein Räumchen gegen einen Funken,
Der aus den Herren Auge ist als Weltenstoff gesunken,
O dann möcht' ich zum kleinsten aller Weltenstäublein werden,
Ja selbst, wenn möglich gar - ein Menschenkind auf Erden!

Und so ich ferner denke über Gottes ew'ge Größe,
Und so vergleiche meine Engelswesens nicht'ge Blöße,
So steigt dann tief aus meines weiten Herzens Grunde
Ein großer Lichtgedanke mir zu einer großen Wunde,
Daß ich dem Herrn auch nicht im Kleinsten je werd' gleichen,
So lang' selbst Weltengloben meiner Größe müssen weichen.

O was ist aller Wesen Engelgröße, Macht und Stärke,
So sie nicht schauen kann des Herren kleinste Liebeswerke.
Was nützt's mit starren Blicken messen die Unendlichkeit
Und zählen aller Globen Heer' in Ewigkeit,
Wenn man sich dadurch Gott doch niemals nähern kann und wird,
Und so das Größte aller Größen durch die Größ' verliert.

O dann fall' nieder ich auf meine Knie, und rufe laut,
So daß vor meiner Stimme einer Welten-Unzahl graut:
O großer Gott! in Deiner Himmel unermess'nen Höhen,
Erhöre gnädig eines Engels, Deines Dieners Flehen.
Ich möcht' gar gerne Deiner Liebe Wohnung sehen,
Und seh'n da meine todten Brüder wieder auferstehen.

O nimm mir meine Größe, Herr! und mach' mich möglichst klein,
Damit ich da, wo Deine Kinder, kann bei ihnen sein,
Und zeugen da von Deiner Allmacht großen Dingen,
Und mit denselben froh dann Deiner heil'gen Liebe singen,
Und als ein Bruder führen sie nach Deinem heilgen Willen
Und leiten sie in uns're Weise liebend stets im Stillen.

Und ist auch Deine Liebe stets den Kleinen zugewandt,
So denk' - auch ich ging klein dereinst aus Deiner Schöpferhand,
Und wurde groß als Weltenlenker ja nach Deinem Willen,
Und führte, wie Du siehst, dieselben stets nach Deinen Zielen;
Daß ich ein wenig groß gedacht hab' jüngst von meiner Kraft,
Dafür hast Du mich ja schon liebevoll bestraft.

Nun wende wieder Deine Heil-Barmherzigkeit zu mir,
Und mache mich zum Menschen auf der kleinen Erd' dafür,
Damit auch ich so klein wie sie Dich einst dürft' "Vater" rufen
Von den Dir wohlgefäll'gen allerd'ringsten Gnadenstufen.
O Herr! Erhöre Deines großen Dieners fromme Bitte,
Und mach' mich klein, undsetze mich in Deiner Kleinsten Mitte!" -

Und sieh', so hörte Ich des großen Engels Klageworte
Erschallen laut, daß seiner Stimme Ton in's Herz Mir bohrte,
Und ließ darauf durch eines sanften Donners fern'res Rollen,
So einem Echo ähnlich, seine Bitte wiederholen,
Zum Zeichen, daß Ich seine Wünsche alle wohl vernommen,
Und bin denselben, wie sich zeigen wird, zuvorgekommen.

Denn während er noch betend lag auf seinen breiten Knieen,
Hab' ich schon einem Weibe hier die hohe Gnad' verliehen,
Und für ein Menschenkind in sie gelegt den Samen,
Bevor zu Meines Engels Ohr gedrungen ist das Amen!
Und als das große Amen er vernommen in den Räumen,
So sah er auch die Erde schon zu seinen Füßen säumen.

Und sieh', da nahm die Erde er behutsam in die Hand,
Und drückte einen Kuß auf dieses Mir so theure Pfand;
Und als er dieses hat gethan in liebendem Entzücken,
So lag die Erde auch schon ganz enthüllt vor seinen Blicken,
Und sah er gleich ein Weib gar schön, die ihm entgegen kam,
Und sah, wie sie als Mutter ihn sogleich in's Herz aufnahm.

Und als er nun im Herzen seiner Mutter sich bewegte,
Da er die Engelsarme liebend aus demselben streckte,
Da kam ein and'res Weib, die Engelsmutter zu begrüßen,
Und wie's mit deren Frucht wohl stünd', das wollte sie auch wissen;
Eh' aber noch die Letzt're öffnen konnt' den Mund,
So sprach in Erst'rer schon der Engel laut, und gab ihr kund:

Indem im Herzen er auf diese Weise hat begonnen
Zu reden klar: "O Mutter! Sieh' die Mutter aller Sonnen;
Sie trägt in ihrer Brust, was alle Himmel nicht umfassen.
Daher, o Mutter, sollst dich nicht von ihr begrüßen lassen!
Denn Der mich einst zum großen Weltenlenker hat gemacht,
Hat eben freundlich mich aus ihrem Herzen angelacht."

Und als die Mutter klar im Herzen Solches hat vernommen,
Ward sie von Füßen bis zum Haupte durch und durch beklommen.
Da merkte es die Mutter, meines Leibes reinstes Wesen,
Und konnt' ihr selbst nicht ein so großes Räthsel lösen;
Und sieh', da fing die Liebe Gott's sich an in ihr zu regen,
Und sprach: "Johannes schweige noch vor Meiner Mutter Segen,

"Es kommt gar bald die Zeit, in der vor Mir du werdest gehen,
Um zu bereiten Meine Wege und ein Land zum Stehen;
Da wirst du viele taub' und blinde Menschenkinder finden,
Und denen erst sollst Du von Meiner Ankunft laut verkünden,
Daß Ich als Gotteslamm gekommen bin in ihren Plagen,
Um aller Menschen Sünden schuldlos treu für sie zu tragen.

"Und wie du groß warst auch in deiner Engels-Wirkungsphäre,
So war doch jene Größ' ein Tröpfchen kaum zu der im Meere,
In welchem sich Dein Herr, vor Dem die Weltenräume beben,
Als Bruder dir zu sehen giebt im schwachen Menschenleben,
Damit das Schwache möcht' durch Meine Lieb' gestärkt ersteh'n,
Wenn auch die Welten alle einst durch Meine Macht vergeh'm!"

Und sieh', da fing vor Freuden an im Mutterleib' zu hüpfen,
Johannes, da er sah' mit - - Nichts sich Meine Größe knüpfen.
Maria aber, Meines Leibes Mutter reinsten Herzens,
Bemerkte es gar bald, wie da Elisabeth voll Lebens
Erröthete, indem sie wohl gedachte ihres Altersstandes,
Und auch der Sitte alter Weiber des gelobten Landes.

Da sprach Maria ganz gerührt in ihrer lichten Seele:
"Elisabeth, du schämst dich ja auf dieser heil'gen Stelle?
Bedenk', was uns geworden ist von Gottes höchsten Gnaden,
Das soll sich nimmer roth in allzu großer Schame baden;
Denn was in deinem Leibe hüpft von übergroßen Freuden,
Ist groß vor meinem Leben, - d'rum freue dich bescheiden!"

Elisabeth, sich wohl gemahnend vor Maria's Höhe,
Gedachte nun, wie es mit ihr und mit Marien stehe,
Und fiel darob auf ihre Kniee nieder vor der Reinen,
Und fing vor übergroßen Freuden liebend an zu weinen,
Und sprach: "O Mutter voll der Gnaden, sei hoch benedeiet,
Und deine Frucht, durch welche wird die Welt vom Fluch befreiet;

"Denn was ich trage unter meinem Herzen, ist gar klein;
Wie könnt' es auch, und wär' es weltengroß, noch Etwas sein
Von deiner Gnade, deren Größe alle Himmel nicht
Umfassen mögen und ertragen ein so helles Licht,
Das noch, wenn alle Sonnen schwinden, Allen hell wird lichten,
Die treuen Herzens sich nach seinen Wegen werden richten.

"O Gott! Woher kommt mir wohl diese unbegrenzte Gnade,
Daß - die Mutter meines Herrn mich über steile Pfade
Besucht, nicht scheuend hoher Berge Zinnen, noch die Ferne!?
Es leuchten wohl ganz unbegreiflich hell die lieben Sterne
Am hohen Himmel dort, und auch dem Laub der fetten Palmen
Entsäuselt, ganz verständlich mir, ein Lob in hohen Psalmen!

"O Mutter! Nun begreif' ich erst in meinem Herzen klar,
Die ganze große Erde bringet dir ein Opfer dar,
Was recht und billig ist, da Niemand es begreifen wird,
Wie uns, dem armen Volke, die wir schwach und ganz verwirrt,
In uns'rer Nacht der Sünden konnt' ein solches Wunder werden,
Der Herr, Gott Abrahams, nimmt an die menschlichen Beschwerden.

Und sieh', da trat Maria hin zur Mutter des Johannes,
Und sprach: "Elisabeth! - am wüsten Ufer des Jordanes
Wird Das, was du im Herzen trägst, zur Stimme eines Rufers,
Und wird da ebnen Steige längs des Flusses stein'gen Ufers;
Er wird, wie da geschrieben steht, der Engel sein des Herrn,
Und wird zur Wassertauf' die Buße streng vom Volk begehr'n.

"Und, so glaub' mir, wird Anfangs nur durch ihn bestimmt
Erkannt das Lamm, das aller Welt hinweg die Sünden nimmt;
Und da wird auch geschehen, daß der Herr von ihm auf Erden
Im Wasser unter off'nem Himmel wird getaufet werden,
Auch werden er und Viele, die da horchten seinen Lehren,
Ein großes Zeugniß von dem Lamme aus den Himmeln hören.

"Und werden sehen da den Geist vom Himmel niedereilen,
Und selben leuchtend über'm Haupte unsers HErrn verweilen,
Und sehen Gott sich mit dem Menschen völligst einen,
Damit befreiet wird die Welt von allen Sünden-Peinen!
Befreit auch, der mühselig und beladen ist geworden,
Vom Tod, und aus der Hölle, und von deren Horden.

"Und nun, Elisabeth, vernehme heiter noch zum Schluß
Aus meinem Herzen einen dir noch unbekannten Gruß:
""Johannes, Mein getreuer Engel aus des Lichtes Sfären!
Wie einst die Sonnen du nach Meiner Ordnung mußtest kehren,
So sollst du bald die Herzen Meiner Kinder Mir bereiten,
Und muthig wie ein Löwe gegen alle Höllen streiten;

""Denn sieh', von Allen, die geboren waren und noch werden,
War Keiner größer je, wie du, von Mir gesandt auf Erden;
Denn alle Väter und Propheten in dem heil'gen Lande,
Hab' Ich erwecket aus der kleinen Engel Liebesstande,
Du aber bist gekommen in das kleine Israel,
Ein Fürst der Engel, leuchtend mit dem Namen Michael!" *)

(*) Michael als Erzengel, dann Sehel, in der Urzeit, dann Elias, und nun Johannes der Täufer- war Eins, d.i. dieselbe Persönlichkeit.)

""Doch sieh', und wer auch klein wird heißen einst in Meinem Reiche,
Wird größer sein wie du, als Fürst ohn' allem Maßvergleiche.
Und willst du groß auch werden, wie die kleinsten Kinder hier,
So mußt auch du, wie sie, geboren werden neu aus Mir;
Denn sieh', von nun wird jeder Engel müssen hier auf Erden
Gleich Mir, dem Schöpfer, wohl ertragen menschliche Beschwerden.

""Und wer sich scheuen wird, zu wandeln Meiner Liebe Wege,
Und nicht betreten so der Kinder harte schmale Stege,
Der wird, wie du dereinst, nur todte Weltenbahnen schlichten;
Doch einer neuen Schöpfung Lebensfülle Anker lichten,
O sieh', wird nimmer einem urgeschaff'nen Engelsgeiste
Gegeben, als nur dem, der an dem Kindertische speiste,

""Den ich auf dieser Welt den Kindern reichlich geben werde.
Mein reicher Tisch wird sein, o höret's ohne Angstgebärde,
Ein schweres Kreuz auf dieser Erde, da ein Makelfreier
Den Menschen lichten wird der Höllenmächte Sündenschleier,
Und waschen wird die Erde von dem Koth der Satansbrut
Mit seinem unter bittern Leiden still vergoss'nen Blut.

""Durch Dieses werden Menschenkinder vollends neu geboren,
Und Engel nur, wenn sie mein Kreuz sich haben frei erkoren,
Und sind aus ihrem alten Himmel auf die Erd' gestiegen,
Um da für sich, wie Ich für All', die Hölle zu besiegen.
Dadurch erst werden sie dann Mir und Meinen Kindern gleich,
Zu nehmen gleich denselben das von Mir bereit'te Reich.

""Und nun spricht Amen Gott in meines Herzens Lebensfülle,
Und jedes Wort, das nun geflossen ist in aller Stille,
Sei dir ein großes Siegel der Verschwiegenheit und Treue,
Von dem, was dir gesagt nun war aus meines Herzens Freie;
Denn sieh', durch mich gab dir der Herr zu merken Seinen Willen,
So auch behalte ihn, und handle Ihm getreu im Stillen.""

Und sieh', nachdem Maria dieser gab den Schluß,
Da bot Elisabethen sie die Hand zum Abschiedsgruß,
Und ließ die Hochbetagte so in stiller Andacht ruh'n,
Und eilte schnell nach Haus, um wieder Gutes da zu thun.
Und als des halben Weges sie gegangen war am Morgen,
Da fing sich Josef an daheim für sie gar stark zu sorgen,

Er ließ die Arbeit steh'n, und sattelte die Eselin,
Um seinem Weibe, seines Herzens reiner Königin,
Entgegen eil'gen Laufes über Eb'nen, Berg und Graben
Auf Mich vertrauend, wohl bepackt mit Früchten froh zu tragen.
Doch eh' mein lieber Josef sich erfertigt hat zur Reise,
Da hielt Maria ihn gefangen schon in ihrem Kreise.

Den sie geschlungen hat mit ihren sanften Armen,
Um ihn, der sich gesorgt für sie, mit ihrer Lieb' zu warmen.
Und Josef, als er Dieß gewahrte, fang d'rauf an zu weinen;
Denn er war, freudetrunken, ja nun wieder bei der Seinen,
Die er erst jüngst auf Furcht verlassen wollt' in reiner Liebe,
Da er nicht konnt' begreifen Meines Segens frühe Triebe!

Dieselbe drückt nun Josef treu an seine weite Brust,
Ganz eingedenk der hohen Gnad' in ihr, und wohlbewußt,
Was ihm erst kurz vorher ein Engel hat getreu verkündet,
Indem er sagte: "Josef, fürchte nicht, die dir verbündet,
Ganz rein von Oben ward; denn was in ihr lebendig, ist
Von Gott gezeugt, sollst Jesus heißen du, das ist der Christ."

Darum ward auch der reine Josef sehr ergriffen,
Als er nun sah' Mariam voll von höchsten Gnaden triefen,
Und sah die hohe Reise-Müde liebend ihn umfangen,
Und hörte, wie die Engel hohe Psalmen um sie sangen,
In seiner Liebe engem Kreise sah er sich verschlungen,
Von aller Engel weiten Reih'n als Glücklichster besungen;

Da fiel aus großer Liebe nieder er vor Meiner Gnade
und pries so seinen Gott in dieser neuen Bundeslade,
Und sprach: "O Herr, nimm gnädig auf die Arbeit meiner Hände,
Und gieb mir altem Manne Kraft, als eine Gnadenspende,
Damit ich Dir und Deiner Mutter schaffen könne treu
Ein nahrhaft Brod in aller Liebe, ganz von Schulden frei!"

Und was er sich von Meiner Gnade treulich hat erbeten,
Ward ihm gewährt in allen Orten, die er mußt' betreten. -
Nun seht, Ich gab euch hier in dieses Liedes rechten Zeilen
Gar deutlich zu verstehen, wo ihr gerne soll't verweilen.
So werd't auch ihr erfahren Meiner Engel weises Trachten,
Und werd't, wie sie, gar bald die Weltengröß' um euch verachten,

Was würde euch wohl nützen selbst ein noch viel größ'res Wesen,
Als des euch schon bekannten Engels. Könnt' es euch erlösen?
Und könnt' es euch wohl aus des Todes harten Banden reißen?
Denn seht die großen Welten dort in ihren Bahnen gleisen,
Und sagt, wozu die todten Massen einem Geiste wären?
Ich sag': zu nichts, als nur den Tod im weiten Kreis zu mehren.

Und machet eure Augen auf, und horchet mit dem Herzebn,
Da ihr schon wißt, daß selbst in Liedern Ich nie pfleg' zu scherzen,
So will Ich euch noch hier ein übergroß's Geheimniß lichten,
Und so in euch des Irrthums Allergrößtes rein vernichten,
Euch zeigen Meiner Wunder größtes klar in reinen Zügen,
Damit ihr sehet, wie die Großen sich gar sehr betrügen.

Nun seht, vor der Erlösung war die Hölle bis zur Liebe
Des großen Gottes vorgedrungen, gleich dem tücken Diebe,
Der so bei sich gar heimlich dacht': Könnt' ich in's Haus nur schleichen,
Ich würd' mein Ziel ohn' große Müh' gar sicherlich erreichen;
Ist nur die Liebe mit der List von ihrem Sitz vertrieben,
Das And're wird sich fügen dann nach unserem Belieben.

Die Liebe aber merkte solcher Räuber tück'sches Sinnen,
Und wußte weise ihrer List aus Liebe zu entrinnen;
Die Erd', vom Satan meist verhaßter Platz, ward auserkoren
Von Mir, um auf derselben Alles, was da ward verloren,
Durch Meine Kleindarniederkunft getreulich wiederz'finden.
Und so in Meiner Liebe da ein neues Reich zu gründen.

Und da der Satan gar gewaltig sich geirret hat,
Da ward's ihm bange, da er nicht vollführen konnt' die That; -
Und sieh', da suchte er Mich auf in aller Schöpfung Räumen
Und fand als Menschen Mich allhier bei Meinen Kindern säumen,
Da dachte er Mich Schwachen - durch Versuchungen zu locken; -
Doch nur ein Blick von Mir hat seine Macht gebracht in's Stocken!

Denn seht, vor Meiner Werdung durch's Barmwort zum Fleische,
Ihr könnt' es glauben, denn ich red' zu euch ohn' alle Täusche,
War Mein und aller Geister Wohnung über allen Sternen
Erhaben, ja für euch in unbegreiflichst großen Fernen,
Und ward dadurch die ganze Welt, um euch es zu erschließen
Gleich einem Schemel unter Meiner Gottheit heil'gen Füßen.

So ging denn auch von Meiner allerhöchsten heil'gen Höhe
Durch aller Geister Heere in die Welten Meine Sehe,
So auch Mein Wort ward stets getragen nur von einem Engel,
Um irgend einer Welt dadurch zu zeigen ihre Mängel
Und auch zu offenbaren irgend einem frommen Manne
Der ewigen Liebe da noch sehr geheim gehalt'ne Plane.

Nun sehet und begreifet wohl des Satans Zornestücken!
In seinem Zorngrimm hat er Mich woll'n ganz erdrücken,
Und schlüg's ihm fehl, so würd' er mich von einer Ewigkeit
Zur anderen verfolgen bis in die Unendlichkeit; -
Dadurch hätt' er zum Herrscher aller Welten sich bestimmt,
Und so auch Alles, was da lebt, nach seinem Fluch bestimmt.

Und so er Das erreichet blind in seinem Wahne hätte,
Und hätt' verdrängt der Gottheit Lieb' aus ihrer heil'gen Stätte,
So hätt', bedenkt es wohl, die Gottheit sich ergrimmt entzündet
Und All's vernichtend dann sich neu mit ihrer Lieb verbündet;
Sodann wär' ewig nie mehr irgend was erschaffen worden,
Und all's Vernicht'te blieb erstarrt in Gottes ew'gem Norden.

Allein als Solches schon die Gottheit hatt' bei sich beschlossen,
Da dauerte der Liebe, daß sie ganz in Leid zerflossen,
Und sieh', da merkte es die Gottheit stark in ihrer Mitte,
Und sprach zu Mir: Wozu das Leiden, und wozu die Bitte?
Soll Meine Heiligkeit noch länger allen Teufeln dienen?
Daher will morgen Ich an dem Zerstörungswerk beginnen.

Und sieh', da sprach die Liebe in den Zeiten, die ihr kennet,
Da Abraham's, des Frommen, euch von Moses wird erwähnet:
"O Vater, hab' Erbarmen mit den Kindern Deiner Liebe,
Und laß besiegen Ihn durch Demuth alle bösen Triebe,
Und gründen Dir, o Vater, eine neue heil'ge Stätte
Und so zerstören aller Teufel böser Rotten Kette.

"Denn sieh', o Vater, tief in Meines Herzens inn'rem Grunde,
Es sei den Völkern auf der Erde heute noch zur Kunde,
Will Ich, o Vater, eine heil'ge Stätte Dir bereiten,
Will Selbst geg'n alle Macht des stolzen Höllenfürsten streiten,
Will alle uns're Feind' besiegt zu Füßen legen,
Und keine Macht soll je die Heiligkeit in Dir anregen.

"Ich Selbst will nun hinab zur Erde schmalsten Weges gehen,
Und da aus eines Weibes Leibe als ein Mensch erstehen;
Und will als Solcher wohl in aller Demuth engsten Bahnen
Geduldig uns're Kinder treu an Deinen Namen mahnen
Und in Meinem Blute diese sündbefleckte Erde sechten
Und waschen sie, und sichten dann das Gute von dem Schlechten.

"Und wenn dann so gereinigt von dem Satansfluche
Die Erd', und aufgezeichnet wird in einem heil'gen Buche
Von menschgeword'nen Engeln Deiner Gnade heilig Wort,
So werd' Ich Alles, was verloren war, an Stell' und Ort
Versammeln unter einem Dach' die Schafe Meiner Heerde,
Und sorgen, daß dann nur Ein Hirt und Eine Heerde werde.

"Und dann, o Vater, will Ich einen neuen Himmel gründen,
Und eine neue Erde makellos und frei von Sünden,
Aus Meines Herzens liebevollster heilerfüllter Tiefe.
Dann soll das Böse fort unendlich fallen in die Riffe
Des endlos großen Raumes, der erfüllt von deinem Grimme
In Ewigkeit wird bleiben; - hör', o Vater, meine Stimme!"

Und sieh', da sprach der Vater stark aus allen Schöpfungsräumen:
"Und willst Du, Mein geliebtes Wort, zum reinsten Menschen keimen,
So mußt dazu nach Meinem Will'n Dich recht und bald entschließen,
Willst du nicht sehen morgen schon die Welt in Nichts zerfließen;
Denn Ich bin müd' geworden von der Würmer tollen Sünden,
D'rum sollst Du heute noch der Erde Deine Ankunft künden.

"So sende denn dahin der Engelsgeister Legionen,
Ja sende sie in aller Welten finst're Regionen,
Und lasse fegen da die Erd' von allem Koth der Schlange,
Und wasche sie durch Pest und Krieg vom sündigen Anhange,
Damit in Dir des Vaters Heiligkeit erkennet werde
Von einer Anfangs kleinen, doch getreuen Lämmerheerde.

"Und so dann, was als Liebe Du in Mir nun hast gsprochen,
Vollbracht wird sein, und alle Macht der bösen Nacht gebrochen,
Dann will Ich kommen, und die Wohnung Mir bereitet schauen,
Und wird sie sein erbaut in Meiner Heiligkeit Vertrauen,
Dann will Ich ja in aller Fülle Meiner Heiligkeit
Die Wohnung nehmen da - ein Gott in alle Ewigkeit.

"Die Hoffart und die Lüge aber sollen ewig fallen
Endlosem Raum entlang, tief unter allen Welten-Allen,
Wo nichts, als Meines Grimmes ew'ge Zornesfluthen wallen,
Und statt der Liebe Meines Fluches ew'ge Donner hallen.
Dahin soll fallen alles Reichthums nicht'ger Schlangensamen,
Das muß geschehen, Mir dem Gott, der heilig, heilig. Amen!"

Und sieh' wie da beschlossen, ward auch völligst ausgeführt,
Was Ich schon oben treu in aller Kürze hab' berührt; -
Nun seht, der Engel dieses Liedes ist zu euch gekommen,
Und hat euch, wie dereinst, die Sünd' durch eure Buß' benommen,
Und zeiget euch das Lamm der Welt sich euren Herzen nahen,
So hebt empor das Herz, und seht, was einst die Völker sahen!

Und seht, was die Apostel, eure Brüder, wollten sehen,
Und doch nicht sahen, ihre todten Brüder auferstehen,
Die heil'ge Stadt hernieder steigen, Meine Sonne strahlen,
Und höret Worte voll des Lebens überall erschallen;
Bereitet eure Herzen, freuet euch! die ihr beklommen
Noch seid in Sünden, seht, Ich bin zu euch herabgekommen.

Ja Ich, hört Völker, Ich der Vater - in dem Menschensohne!
Ich komm' zu euch, und all' Mein Reich mit Mir für euch zum Lohne;
Denn ausgeronnen ist die Zeit, gebrochen ist die Macht,
Ich hab' in Meinem Herzen Meines Bruders wohl bedacht;
So freuet euch, die ihr nach Mir habt sehnsuchtsvoll verlanget,
Seht auf, wie hoch schon dort am Morgen Meine Sonne pranget!

Der Vater, denkt - Der Vater hat das Lied an euch gerichtet,
Hat je ein solches, denket, suchet, auch ein Mensch gedichtet? -
Versucht, und prüfet euch, wie weit wohl euer Wissen reichet
Und eurer Hände Werk, versucht, ob's wohl dem Meinen gleichet?
Und so in diesem Lied' ihr wohl vernehmen werd't ein heil'ges Wehen,
Da denket, daß vor eurer Thüre große Dinge stehen.

O laßt den Engel ja nicht unverrichtet von euch scheiden,
Und hört sein Rufen, wie zur Buße er euch mahnt bescheiden,
Und hört ihr Tauben, seht ihr Blinden Meinen großen Engel,
Johannes "das Gewissen" ist, euch zeigend eure Mängel;
Wer treu befolgen wird die Stimme seines inn'ren Rufers
In seines kahlen Lebensstromes starrer Sünden Ufers, -

Verruchte Wüstensteppen werden Rosen gleich erblühen
Und statt der Wassertaufe, wird die Taufe Meiner Mühen
Sogleich erleuchten seines Irrsals höllenfinst're Pfade;
Und dann wird gleich erschauen er nach seiner Liebe Grade
Die große Wirkung überströmend denn aus Meiner Gnade,
Aus der geöffneten des neuen Bundes heil'ger Lade!

Die Lade war versiegelt bis zur heut'gen Lebensstunde,
Es half vorhin kein Rechnen auf der ganzen Weltenrunde,
Um zu erschließen, was Ich mir bis jetzt hab' vorbehalten.
Und - nun seht, wie die Wunder alle sich vor euch entfalten,
Wie dieses Alles nun geschieht durch Meiner Liebe Walten;
O Kinder, seht durch Mich in euch nun Alles neu gestalten!

Und sagt und sprecht, woher so große Dinge mögen kommen?
Und habt doch einmal, so ihr Meine Liebe wahrgenommen,
So auch begriffen Meines heil'gen Geistes sanftes Wehen,
Und habt gesehen Meine Bäume voll im Safte stehen,
Dann Kinder, kniet nieder, freuet euch, und singet Alle,
Und auch ihr Völker in den Sternen, Meiner Gottheit Halle:

"O großer, ew'ger heil'ger Vater! Ehre, Preis und Ruhm
Komm' Dir von uns entgegen rein aus Deinem Heiligthum,
In uns'rem Herzen hat es Dir gefallen einzunehmen
Für Dich, o großer Gott, die kleine Wohnung Deiner Liebe.
So segne denn dieß kleine Land und dessen heil'ge Triebe,
Und laß den Segen, so wie uns, auch Alle wohl vernehmen.

"O mög' es Dir, Du bester Vater, wohlgefallen hier,
Damit Du bleiben möchtest da in uns denn für und für.
Wie gut bist Du, o Vater, wer könnt' Deine Lieb' ermessen,
Du kommst uns arme Sünder, statt ganz wohlverdient zu strafen,
Nur zu erquicken, und in uns die Herzen umzuschaffen,
Daher werd' nie von uns Dein heil'ger Name je vergessen!

"O Vater! Heil'ger Vater, höre unser kindlich Flehen,
Du lieber Vater Du, laß auch die Todten auferstehen!
Du weißt ja, lieber Vater, wer am Tod der Brüder schuldet!
Daher laß, bester Vater, wie bei uns Du ließ'st geschehen,
Auch dort, o liebevollster Vater! Gnad' für Recht ergehen!
Denn Du hast ja für sie so gut wie für uns All' geduldet." Amen.

Nachwort.
Da habt ihr nun "den Engel", wie er leibt und lebt in euch und außer euch, in Mir und außer Mir; höret allezeit seine Stimme in euch; denn zuvor Ich komme, kommt allezeit Mein Johannes mit der Zuchtruthe in der Hand, und einer sehr scharfen Stimme in der Brust, "wie die Stimme des großen Predigers in der Wüste"; - aber habt ihr euch bekehret durch eine wahre und ernste Buße, dann erst folgt das große Abendmahl vor dem großen Tage der Erlösung, und endlich die Auferstehung von dem Tode.
Amen, das sagt euer liebevollster heiliger Vater! Amen, Amen, Amen!
(Offbg. 19,9. Luk. 20, 35 - 38, Daniel 12, 2 - 13.)
NB. Ferner sehe man die gedehnten hieherbezüglichen, fast jeden der 73 Verse dieses "Engels" bekrittelnden Extranoten nach, unter dem Titel Nachbemerkungen zum Engel I - III, am Schlusse dieser Abtheilung.
[PsG.01_007]