3. Morgenlied.
Empfangen von Oben durch + Jakob Lorber, Graz, am 30. Mai 1842.

Welchen Dank soll, lieber Vater, ich Dir bringen,
Welches Loblied Dir, o heil'ger Abba, singen?
Gar so gut bist Du, voll Lieb' und voll Erbarmen,
Diesen Tag ließ'st Du erleben ja mich Armen,
Daß in ihm ich neue Gnaden möcht' empfangen,
Neu von Dir nach meiner Liebe treu'm Verlangen;
O wie gut bist, Vater, Du, und wie voll Liebe,
Ihr erwacht ich heut' mit neuem Lebenstriebe;
Darum möcht' ich heut' auch Dir ein Loblied singen,
Das so neu wie dies mein Leben soll erklingen!

Doch wo soll ich denn beginnen, und wo enden!
Welchen Dank, o Vater, Dir, ich Schwacher senden?
Dein ist alles ja im Himmel und auf Erden,
Dein mein Odem selbst und meiner Lieb' Gebärden,
Dein ist dieser Tag, und Dein das Licht der Sonne,
Dein ist auch mein Wort und meines Herzens Wonne,
Dein nicht minder auch so mancher Kummer,
Dein der Schlag, und Dein des Auges süßer Schlummer!
Wie kann's da, wie soll's mir Schwachen denn gelingen,
Daß ich könnte Dir ein neues Opfer bringen? -

Dort aus jenem unermess'nen Schöpfungstiefen
Selbst, von Dir noch heil'ge Spenden strahlend triefen,
Und wohin der Geist auch immer furchtsam schauet,
Ueberall aus Dir, o Vater, Liebe thauet!
Ja, ich kann mir Eines um das And're denken,
Doch das Du nicht möcht'st mit Deiner Liebe lenken,
Wahrlich, solches ist wohl nimmerdar zu finden,
Alles pflegst durch Deine Liebe Du zu binden;
O wie soll ich demnach, Vater, Dich denn preisen,
Wie Dir meine Lieb' und Dankbarkeit beweisen?

Soll ich Dich in meinem Herzen zitternd loben,
Etwa wie die Sterne leuchtend hoch da droben,
Oder wie Dich sel'ge Geister allzeit preisen
In des ew'gen Lebens überlichten Kreisen?
Wer, o wer kann Solches mir wohl zeigen,
Und wer sagen, wie vor Dir sich Engel beugen?
Und wer künden, wie ich Solches mag gewahren,
Wo die wahre Lebensweise treu erfahren?
Wie zu Dir auf dieses Lebens finst'ren Stufen
Treu, gerecht und wahr in meinem Herzen rufen? -

Ach was hör' ich, was rauscht da für eine Welle?
Horche, horche treu, du meine arme Seele!
Worte, Worte sind's, wie sanft und mild sie klingen!
Hör', vom Himmel sie mir eine Botschaft bringen!
Eines Seraphs oder Gottes Stimme? höre!
Ach wie hehr es tönt in meines Herzens Leere!
Worte, Worte, ach sie lauten, o sie lauten:
"Wenn die Sterne und die Engel dir's vertrauten,
"Wahrlich, nimmer And'res könnten sie bekennen,
"Als daß sie Mich stets "den guten Vater" nennen!

"Also magst auch due im Herzen treu Mich nennen,
"Mich den guten Vater, geistig wahr bekennen,
"Stets nach meinem Willen Meiner Liebe leben,
"Das ist Alles, was du Kindchen Mir vermagst zu geben.
"Willst Du aber beten, da sollst also sagen:
""Guter Vater, hilf mir meine Schwächen tragen!
""Wie in all den Himmeln, da Du pflegst zu thronen,
""Möcht' es Dir gefallen, auch in mir zu wohnen;
""Lasse Deinen Willen also auch durch mich erfüllen,
""Wie es Deine Engel machen stets im Stillen!"

"Siehe, das ist Alles, solches magst Du beten
"Allzeit, wann du willst, in Freud und Schmerzensnöten.
"Daß der gute Vater leichter ist zufrieden,
"Als so mancher Arme irrig meint hinieden,
"Könnt ihr, Meine Lieben, ja daraus erschauen,
"Daß nicht Ich die stein'gen Tempel ließ erbauen;
"Nur im Herzen gilt's, die wahre Kirch' zu gründen,
"Dort sollt ihr die wahre Lieb' zu Mir entzünden!"
Amen.
[PsG.01_003]